Wer durch die Wälder und Wiesen des Saarlandes wandert, kann an verschiedenen Stellen die eine oder andere Orchidee bewundern. Orchideen sind geschützt, denn die meisten Arten der wunderschönen Blütenwunder sind selten. Orchideen brauchen eine ganz besondere Umgebung mit mageren Böden. Intensivere Bewirtschaftung z.B. in Form von Düngung führt zu ihrer Verdrängung.
Ideale Bedingungen finden Orchideen im Saarland im UNESCO-Biosphärenreservat Bliesgau in der Gemeinde Gersheim. Mehr als die Hälfte aller in Deutschland vorkommenden Orchideenarten wachsen hier. Seit 1957 stehen Teile des 32 Hektar großen Gersheimer Orchideengebietes unter Naturschutz.

Die hier vorkommenden Lebensräume von natürlichen Wäldern mit kalkhaltigen Magerböden über Trockenrasen und Feuchtwiesen bis hin zu Flachmooren bieten den verschiedenen Orchideenarten ideale Wachstumsbedingungen. Das mediterrane Klima in der Biosphäre Bliesgau begünstigt dies zusätzlich. Damit Orchideen langfristig gedeihen, ist ein spezieller Bodenpilz wichtig,denn Orchideen sind auf eine Symbiose mit Pilzen angewiesen, um sich mit Nährstoffen zu versorgen. In unseren Hausgärten kommt dieser Pilz nicht vor, das Ausgraben der Orchideen lohnt sich nicht, da sie in kürzester Zeit eingehen würden und ist zudem strafbar, da sie unter Naturschutz stehen. Zum Glück, sonst würden sie hier sicher nicht mehr so zahlreich blühen.
„Das Besondere in Gersheim ist, dass so viele Orchideenarten auf kleinem Raum zu finden sind.“, so Anita Naumann, Umweltwissenschaftlerin und Mitarbeiterin des Biosphärenzweckverbands Bliesgau. Sie ist zuständig für die Themen Naturschutz, Forschung und Monitoring.
Enorme Vielfalt an Blütenformen und Farben
Die Hauptblütezeit der Orchideen in Gersheim ist von Mitte April bis Juni. Über 30 Orchideenarten malen dann nach und nach mit ihren Blüten Farbtupfer in die Landschaft. Meist blüht das Kleine Knabenkraut zuerst, dann folgen die anderen Arten, die treffend blumig-tierische Namen tragen, wie beispielsweise Bienen- und Hummel-Ragwurz, Grünliche Waldhyazinthe oder Langblättriges Waldvögelein. Die Vielfalt der Blütenformen ist beeindruckend und die Farben reichen von Weiß über zartes Rosa bis hin zu kräftigem Violett.

Das Orchideengebiet in Gersheim ist eine alte Kulturlandschaft. An den Terrassen und Steinmauern erkennt man, dass das Gebiet früher für den Weinbau genutzt wurde, jedoch wurden die Böden nie intensiv bewirtschaftet. Damit der Lebensraum in dieser Form erhalten bleibt und die vielen Orchideenarten nicht verloren gehen, greift der Mensch mit Pflegemaßnahmen gezielt ein und sorgt dafür, dass die Wiesen nicht zuwachsen. Die meisten Orchideenarten sind konkurrenzschwache Pflanzen und würden bei zunehmender Lichtkonkurrenz durch andere aufkommende Pflanzen allmählich verkümmern.

Orchideen und ihre Trickkiste
Unsere heimischen Orchideen werden normalerweise durch Insekten bestäubt. Bei tropischen Arten übernehmen das auch mal Vögel, Fledermäuse oder Frösche.
Bei einigen unserer Orchideen, wie z. B. den Ragwurzarten, ahmt die Orchideenblüte ein Bestäuberweibchen nach, so dass die Männchen dieser Insekten in der Hoffnung, ein paarungsbereites Weibchen zu finden, immer wieder verschiedene Blüten anfliegen und so zur Bestäubung beitragen.
„Das Orchideengebiet hat auch außerhalb der Blütezeit der Orchideen Sehenswertes zu bieten. Seidelbast blüht z.B. vor den Orchideen, manchmal schon im Januar, meistens aber eher Ende Februar/Anfang März. Nachdem die meisten Orchideen verblüht sind, blüht meist im August die Kalk-Aster und je nach Witterung kann man bis in den Oktober noch Gottesanbeterinnen finden.“, so Anita.

Damit die Orchideenpracht weiter ungestört gedeihen kann, wurde 2016 in Gersheim ein interaktiver Orchideenpfad angelegt. An zehn Stationen erfahren die Besucherinnen und Besucher auf einem Weg von rund 2,8 Kilometern nicht nur, warum die Orchideen hier so zahlreich vorkommen, sondern auch, wie man ihren Lebensraum nachhaltig schützen kann. Der Weg führt einige Male bergauf und bergab und ist größtenteils als schmaler Pfad angelegt. Gutes Schuhwerk ist daher empfehlenswert.

Hier noch Anitas Tipp für den Besuch im Orchideengebiet Gerseim:
Geduld haben und nicht vor lauter Begeisterung vom Weg abkommen. Schritt für Schritt sieht man alle vorkommenden Arten, da sie meist direkt am Weg liegen. Vorsicht! Manche sind sehr klein und nicht so farbenfroh, sondern eher grün und unscheinbar und daher leicht zu übersehen.
Viel Spaß beim Entdecken!