Walter Bernstein, geboren 1901 in Schiffweiler, gilt heute als einer der wichtigsten Industriemaler im Saarland. In diesem Jahr feiert man in der Region Neunkirchen gleich zwei Jubiläen zu seiner Person: den 120sten Geburts- und den 40sten Todestag.
Seine Biografie liest sich typisch für die Zeit: Nach dem Abitur lernt er in Neunkirchen in einer Eisenwarenhandlung. Im Anschluss macht er eine weitere Lehre und wird Maler und Anstreicher. Seine Liebe zu den Farben scheint geweckt. Es folgt eine Weiterbildung zum Dekorationsmaler in Zweibrücken. 1923 entschließt er sich zu einem Studium an der Kunstschule in Nürnberg, wechselt dann nach Berlin an die Vereinigten Staatsschulen für angewandte Kunst und der Preußischen Akademie der Künste. Er wird Schüler u.a. von Hans Meid. Überaus begabt macht er sich einen Namen als guter Grafiker und erhält zahlreiche Aufträge.
Er verliebt sich und heiratet 1936 die Tänzerin Bertha Bodmer. So hält das Thema Tanz Einzug in sein künstlerisches Schaffen. Das Glück ist jedoch nicht von Dauer. 1939 stirbt seine Frau an einer Blutvergiftung und die Nazis bezeichnen seine Kunst als „entartet“.
Bernstein muss im Zweiten Weltkrieg Kriegsdienst leisten. Er zeichnet weiter, auch in der Kriegsgefangenschaft, dunkle Motive von zerstörten Städten und Eindrücken an der Front. 1945 kehrt er in seine Heimat nach Schiffweiler zurück – er hat alles verloren.
Über seine Zeit in Berlin recherchiert im Rahmen der Feierlichkeiten ein saarländisches Filmteam. Die Reportage ist hier zu sehen: Walter Bernsteins Jahre in Berlin on Vimeo
Neunanfang in Schiffweiler
Seine Nichte, die heute 81-jährige Ingrid Kessler, erinnert sich an ihn, als einen Menschen, der ständig gemalt hat. Wo er ging und stand, immer war er bereit, die Situation in einer schnellen Skizze festzuhalten. Besonders interessierte ihn das tägliche Leben der Menschen, die Industrie an der Saar, die Landschaften – geprägt von Bergbau und Stahlindustrie, die Arbeiter im Stadtbild – auf ihrem Weg von und zur Arbeit. Bernstein wird der Arbeiterkultur des Saarlandes den Rest seines Lebens treu bleiben. Er entwickelt sich zu einem Künstler, der die industrielle Entwicklung des Saarlandes in seinen Bildern dokumentiert.
Den hart arbeitenden Bergleuten setzte er mit seiner Kunst ein Denkmal. Etliche ließen sich von ihm malen, stolzer Blick aus grubenschwarzem Gesicht, der Förderturm im Bildhintergrund. Einige dieser Portraits sind noch heute in saarländischen Wohnzimmer zu finden. Auch die Not und Armut, die die Industrialisierung mit sich brachte, mahnt Bernstein an. Er übt mehr und mehr Sozialkritik, indem er das Elend und die Not dieser Zeit in seinen Bildern sichtbar macht.
Kunst im öffentlichen Raum
Er schätzte die künstlerische Arbeit im öffentlichen Raum. Schon vor dem Krieg entwarf er Gestaltungen für Wandmalereien. In den 50er und 60er Jahren setzte er etliche Projekte im öffentlichen Raum um, die teilweise noch heute zu sehen sind. Seine Wandmalereinen findet man beispielsweise noch im Rathaus und in der katholischen Pfarrkirche in Schiffweiler, im Neunkircher Zoo und in der katholischen Pfarrkirche in Illingen-Welschbachin.
Sein Portrait wird der Graffitikünstler Hendrik Beikirch diesen Sommer auf eine Hauswand unterhalb des Rathauses in Schiffweiler sprühen. Zum Gedenken an den Schiffweiler-Ehrenbürger Walter Bernstein und sein künstlerisches Schaffen.
Alle weiteren Infos zu Wanderungen, Führungen, Vorträgen, Lesungen und Diskussionen im Jubiläumsjahr unter www.walter-bernstein.de
Roman Uwer, Vorsitzender Förderstiftung Walter Bernstein
Wenn Sie, liebe Leser mehr über das Leben und Wirken von Walter Bernstein sowie unsere Arbeit in der Stiftung wissen wollen, setzen Sie sich gerne mit uns in Verbindung.
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Bärbel Frankenhauser