„Mythos Paris. Fotografie 1860 bis 1960" begeistert!

Robert Doisneau, Le baiser à l’Hôtel de Ville, 1950 (Negativ)/1979(Abzug), Bibliothèque nationale de France © Robert DOISNEAU/GAMMA RAPHO, 2023

Die aktuelle Ausstellung in der Modernen Galerie des Saarlandmuseums
„Mythos Paris. Fotografie 1860 bis 1960" lädt zu einem Spaziergang entlang eindrucksvoller Fotografien ein. Alle Bilder zeigen die französische Hauptstadt Paris, aufgenommen von berühmten Fotografinnen und Fotografen zwischen 1860 und 1960.

Die Weltstadt Paris ist einer der Orte, an denen die Geschichte der Fotografie geschrieben wurde. In Paris wurde 1839 das Daguerre-Patent der Welt vorgestellt. Louis Jacques Mande Daguerre war nicht nur Künstler, sondern auch der Erfinder der kommerziellen Fotografie. Aufbauend auf den Experimenten von Niépce entwickelte er das erste relevante fotografische Verfahren, die sogenannte Daguerreotypie.

Bei der Daguerreotypie wird auf chemisch-physikalischem Weg eine Ansicht auf einer versilberten und spiegelglatten Kupferplatte wiedergegeben. Es ist notwendig, das Bild nach der Belichtung sofort zu fixieren und zu entwickeln. Daguerre gelang es, Aufnahmen dauerhaft und mit Tiefenschärfe auf Kupferplatten festzuhalten. Mit Hilfe der Akademie der Wissenschaften konnte er seine Erfindung an den französischen Staat abgeben und er erhielt im Gegenzug eine stattliche Rente. Seine Erfindung wurde schnell populär.

Bemerkenswerter Zufallsfund

Im Jahr 2022 entdeckten Mitarbeitende der Museumsbibliothek des Saarlandmuseums eine Publikation, die für ein Buch gehalten wurde. Es handelt sich jedoch um das Album „Photographies de Paris“ mit 30 Fotografien auf Albuminpapier von Édouard Baldus aus den 1860er Jahren.

Édouard Baldus, Notre-dame de Paris, Blatt 1 im Album PHOTOGRAPHIES DE PARIS, 1859-1870, Albuminpapier auf Karton, Saarlandmuseum – Moderne Galerie.
Édouard Baldus, Notre-Dame de Paris, Blatt 1 im Album PHOTOGRAPHIES DE PARIS, 1859-1870, Albuminpapier auf Karton, Saarlandmuseum – Moderne Galerie.

Der 25-jährige Édouard Baldus kam 1838 nach Paris, um Malerei zu studieren, kurz bevor Louis Daguerre der Welt zum ersten Mal seine magisch präzisen fotografischen Bilder zeigte. In Paris arbeitete der Autodidakt Baldus außerhalb der École des Beaux-Arts und des Ateliersystems. Er hatte als Maler wenig Erfolg, gab die Staffelei auf und griff zur Kamera. In seinem neuen Beruf erlangte er dann internationale Anerkennung und erhielt Aufträge von Ministerien und der Industrie. Er schuf eine Reihe von Fotografien, die heute als frühe Meisterwerke der Fotokunst gelten. Dazu gehört seine überaus erfolgreiche Serie großformatiger Ansichten historischer Denkmäler in Paris. Seine Fotografien vom Bau des Neuen-Louvre von Napoleon III zelebrieren den Glanz des Zweiten Kaiserreichs. Mit seinen klaren, konfrontativen Kompositionen vertritt er einen frühen Dokumentarismus mit Bildern. Édouard Baldus zählt zu den berühmtesten Fotografen des 19. Jahrhunderts. 1977 wurde ihm auf der documenta 6 postum erneut Aufmerksamkeit geschenkt. Die dort ausgestellten Fotografien ermöglichen einen Blick auf Paris ohne Autos und Menschenmassen.

Eugène Atget, Artischockenverkäufer, Place Saint-Médard, 5. Arrondissement, Paris, August 1899, Musée Carnavalet – Histoire de Paris, Inv.-Nr. Facs. de PH1187
Eugène Atget, Artischockenverkäufer, Place Saint-Médard, 5. Arrondissement, Paris, August 1899, Musée Carnavalet – Histoire de Paris, Inv.-Nr. Facs. de PH1187

Auch Eugène Atget formulierte das Dokumentarische neu, indem er sich für das Unspektakuläre und Abseitige interessierte. Seine Fotografien zeichnen sich aus durch diffuses Licht und weiten Ansichten.

Paris ist eine der am meisten fotografierten Städte der Welt.

Viele der bedeutendsten Fotograf*innen sind mit Motiven aus Paris berühmt geworden. Ich betrachte in der Saarbrücker Ausstellung das berühmte Foto, auf dem ein junges, wahnsinnig verliebtes Paar vor dem Hotel de Ville in Paris steht und sich sinnlich küsst. Das Foto ist mir bekannt und vertraut. Kein Wunder, ab den 80er Jahren erhielt man es als Poster und Postkarte weltweit. Bis heute verkauft es sich und ist eines der bekanntesten Motive der Stadt. Es wurde zum Symbol für Paris als „Stadt der Liebe“ und der Fotograf Robert Doisneau wurde damit weltberühmt. Erst als er vor Gericht stand und gefragt wurde, wie das Foto entstanden sei, gab er zu, dass es sich nicht um einen Schnappschuss handelt, sondern eine Auftragsarbeit gewesen war. Doisneau hatte Gravur und Lithografie an der École Estienne in Paris studiert und arbeitete als Werkfotograf bei Renault. Es zog ihn auch hinaus auf die Straßen von Paris und seinen Menschen. Er wollte festhalten, was sie bewegte.

Auch der französische Fotograf Henri Cartier-Bresson wurde weltberühmt. Er durfte als erster Fotograf überhaupt 1955 im Pariser Louvre ausstellen. Bekannt ist er auch als Mitbegründer der renommierten Fotoagentur Magnum Photos. Er war zudem Maler, Regisseur, Schauspieler und gilt als Vorreiter der Straßenfotografie. Seine Fotos zeigen, dass er viel Geduld besaß, auf den richtigen Moment zu warten. Seine künstlerische Schwarzweißfotografie zeichnet ihn besonders aus.

Das Künstlerviertel Montparnasse war die Welt vom Fotograf Brassaï, das er durch seine nächtlichen Streifzüge wie kein anderer kannte. Er inszenierte so manche Fotografie, nutzte den nächtlichen Nebel und ein hartes Licht. Im Dialog und in der Auseinandersetzung mit den Surrealisten wie Man Ray formte sich seine Foto-Ästhetik.

Sabine Weiss, Porte de Vanves (springendes Pferd), Paris, 1954 / 1978, Bibliothèque nationale de France, Paris © Sabine Weiss, courtesy Photo Elysée; Reproduktion: Bibliothèque nationale de France, Paris
Sabine Weiss, Porte de Vanves (springendes Pferd), Paris, 1954 / 1978, Bibliothèque nationale de France, Paris © Sabine Weiss, courtesy Photo Elysée; Reproduktion: Bibliothèque nationale de France, Paris

Auch die Fotografin Sabine Weiss stellt Paris und seine Menschen ins Zentrum des fotografischen Bildes. Oder auch wie oben zu sehen, ein Tier. An der Porte de Vanves nimmt sie ein Pferd im Moment eines Sprungs auf, Sinnbild für die schnell verfliegende Gegenwart.

Über 200 Exponate sind in der Saarbrücker Ausstellung zu sehen, darunter wertvolle Leihgaben aus prominenten Sammlungen Frankreichs und Deutschlands, wie dem Centre Pompidou Paris, der Bibliothèque nationale de France, dem Museum Folkwang Essen und dem Museum Ludwig Köln. Die Ausstellung geht auch auf die Schaffenszeit von Otto Steinert ein. Steinert leitete von 1952 bis 1959 die Saarbrücker Kunstschule und pflegte regen Kontakte nach Paris. Zeitweise lebte er auch dort. Auch Werke von Steinerts Schüler, wie Christer Strömholm zu dem Thema Pariser Subkultur und die Pariser Transsexuellen, werden gezeigt.

Lieblingsfoto Paris

Einen interessanten Einblick in die Stadt Paris geben auch die zahlreichen Fotografien, die über einen Monitor eingeblendet werden. Die Moderne Galerie hatte das Publikum gebeten, Lieblingsfotos von Paris einzusenden. Die Auswahl zeigt ein Geflecht von Mythen und Klischees über Paris. Allesamt formulieren sie den Mythos der modernen Metropole.

Die aktuelle Ausstellung „Mythos Paris. Fotografie 1860 bis 1960" ist eine spannende Fotoreise durch die französische Hauptstadt. Und die eigens zusammengestellte Spotify-Playlist „Mythos Paris“ entführte mich zeitgleich mit stimmungsvollen Songs musikalisch nach Paris. Ergänzend finden sich weitere Geschichten, Informationen zu den ausgestellten Fotografien unter https://linktr.ee/Stiftung_Saarl_Kulturbesitz

Mich hat die Ausstellung begeistert, sie läuft bis zum 10. März 2024.

geschrieben von: sabine, am 11.01.2024

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Kommentare

  • Anja

    • vor 3 Monate
    Das hört sich nach einer spannenden Ausstellung an, ich freu mich darauf, herzliche Grüsse, Anja

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