Der Tisch ist gedeckt!

Gabriele Langendorf, jeden Tag 20.02.00-20.08.01, Bleistift, Heftfaden und Nähgarn auf Baumwolltischdecke © Gabriele Langendorf/VG Bild-Kunst, Bonn 2022. Foto: Tom Gundelwein

Eine Ausstellung zur Tischkultur in der Alten Sammlung in Saarbrücken

Ich befinde mich in der - der Ausstellung "Zu Tisch! Die Kunst des guten Geschmacks" in der Alten Sammlung des Saarlandmuseums in Saarbrücken- und was ich hier erblicke, ist ein hochkarätiger Augenschmaus. Ich bewundere die Stickarbeit der Saarbrücker Kunsthochschulprofessorin Gabriele Langendorf. Erdbeeren, Eis und Sahne, Kartoffelsalat, Frikadellen oder mal nur Spiegelei und Salat: Das sind unter anderem Gerichte, die zwischen dem 20. Februar 2000 und dem 20. August 2001 im Hause Langendorf gegessen wurden. Gabriele Langendorf ist bekannt dafür, dass sie malerisch Alltagsgegenstände erforscht. Doch hier hat sie mit rotem Faden und Nadel dokumentiert, was täglich auf den Tisch kam und gegessen wurde. Das Werk offenbart auch Privates. Klasse, was diese Tischdecke alles erzählen kann.

Ottweiler Porzellan und die Manufakturen Mettlach und Frankenthal

In Augenschein nehme ich besonders gerne das Ottweiler Porzellan, das heute zu den kostbarsten Porzellanen der Welt zählt. Da es die -Ottweiler Porzellanmanufaktur -nur 30 Jahre lang gab, folglich nicht so viel davon hergestellt werden konnte und es aufgrund der Französischen Revolution zu viel Zerstörung kam, gilt das Ottweiler Porzellan heute weltweit als eines der seltensten Porzellane. Gegründet wurde die Manufaktur von Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken. Fürst Wilhelm Heinrich und Fürstin Sophie unternahmen viele Reisen nach Frankreich und pflegten engen Kontakt zu König Ludwig XV.

Kaffee-Tee-Déjeuner des Fürsten Ludwig. Foto: Tom Gundelwein
Kaffee-Tee-Déjeuner des Fürsten Ludwig von Nassau-Saarbrücken. Foto: Tom Gundelwein

Das Porzellan war ein Prestigeobjekt

Der Hof von Versailles war damals stilbildend für den Adel in ganz Europa.Und so wollte man auch in Saarbrücken à la francaise speisen. Erst wenn alle Speisen eines Ganges auf dem Tisch standen, nahm man Platz und fing an zu essen. Die Tischdecken waren aus Damast und die Bestecke aus Gold oder Silber. Die damaligen Fürsten wollten sich gegenseitig überbieten, ein jeder wollte den schönsten gedeckten Tisch präsentieren und die feinsten Speisen servieren. Und das Porzellan war damals ihr Prestigeprodukt.

Der Saarbrücker Hof unterhielt sehr enge Verbindungen mit Dresden und Versailles und daher nimmt man an, dass von dort die Anregungen kamen, im Fürstentum Nassau-Saarbrücken ebenfalls eine Porzellanmanufaktur zu gründen. So entstand die Ottweiler Porzellanmanufaktur. Die modebewusste Fürstin demonstrierte nun mit den edlen Stücken ihrer eigenen Manufaktur ihren guten Geschmack und Fürst Wilhelm Heinrich unterstrich sein Image als innovativer und machtvoller Herrscher.

Das Ottweiler Porzellan war von ausgezeichneter Qualität. Es ist edler und härter als das anderer Manufakturen. Fürst Wilhelm Heinrich hatte nämlich der ein oder anderen Manufaktur gute Arbeiter abgeluchst. Aus Passau ließ er zudem teures Kaolin herbeischaffen, so gelang die Herstellung besonders sahnig durchscheinenden Porzellans. In Frankreich verpflichtete er die besten Maler und Porzellanspezialisten.

Woher stammen die Motive?

Als Inspiration diente die Natur und so entstanden wunderschöne florale und vegetabile Muster. Aber auch Bildergeschichten, wie beispielsweise der Fürst bei der Jagdt oder ein gemütliches Beisammensein zu Tisch wurden beliebte Motive. Die Muster und Motive stammten ursprünglich aus der Feder von Johannes Esaias Nilson. Er war ein deutscher Miniaturmaler und Kupferstecher. Er fertigte eine unglaubliche Fülle an Zeichnungen, Vorlagen und viele Zyklen an. Viele Händler kauften bei ihm die Vorlagen und diese wiederum verkauften sie an die Fürstenhäuser. Und die Fürsten gaben sie weiter an ihre Porzellanmaler, verbunden mit der Bitte, diese entsprechend abzuwandeln. Viele Szenen sind sehr sinnlich, man wollte schon damals Emotionen wecken, getreu dem heutigen Motto: „Das Auge isst schließlich auch mit." Beim Anblick des Porzellans wird schnell klar, dass man in der Barockzeit das Exotische, den Kaffee und die Schokolade liebte.

J. Fr. Lück, Der Geschmack, Porzellan, Porzellanmanufaktur Frankenthal, 1760, Saarlandmuseum – Alte Sammlung. Fotograf: Tom Gundelwein
Johanna Friedrich Lück, Der Geschmack, Porzellan, Porzellanmanufaktur Frankenthal,
1760, Saarlandmuseum – Alte Sammlung. Fotograf: Tom Gundelwein

Doch nicht nur das Ottweiler Porzellan ist in der Ausstellung zu sehen, auch Kaffee- und Speiseservice, Tafelaufsätze, Prunkvasen und Tafeldekoration der Manufakturen Mettlach und Frankenthal werden gezeigt. Die Ausstellung wird zudem durch Leihgaben aus dem Musée de la Faïence in Sarreguemines, dem Keramikmuseum Mettlach und dem Maximilianmuseum in Augsburg unterstützt. Durch die Schenkung der Friedrich-Sicks-Stiftung gelangte im Jahr 1981 übrigens auch eine umfangreiche Sammlung prestigeträchtiger Silberobjekte in den Besitz der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz. Anhand dieser Exponate lassen sich Tischkultur und Essmanieren der Zeit gut nachvollziehen.

Brautbecher, Silber, 17. Jahrhundert, Saarlandmuseum – Alte Sammlung. Fotograf: André Mailänder.
Brautbecher, Silber, 17. Jahrhundert, Saarlandmuseum –
Alte Sammlung. Fotograf: André Mailänder.

Spannende Dialoge

Die wertvollen alten Stücke treten in der Ausstellung in einen spannenden Dialog mit Arbeiten der zeitgenössischen Künstlerinnen Sinje Dillenkofer (*1959), Gabriele Langendorf (*1961), Livia Marin (*1973) und Pia Maria Martin (*1974). Sie alle greifen das Thema Esskultur in ihren Textilarbeiten, Videos, Fotos und in ungewöhnlichen Porzellanobjekten auf. Sie hinterfragen Konventionen, zeigen gesellschaftliche Veränderungen und machen deutlich, wie unsere heutige Tisch- und Tafelkultur entstanden ist.

Livia Marin, Broken Things, Porzellan, 2020 © Livia Marin; Foto: Ralf Christofori
Livia Marin, Broken Things, Porzellan, 2020 © Livia Marin; Foto: Ralf Christofori

Während die in England lebende Chilenin Livia Marin sich in ihrer Werkserie „Broken Things“ mit der Herkunft und Fertigung von Porzellan beschäftigt und das feste Porzellan in scheinbar fluide Formen überführt, setzt die Stuttgarter Videokünstlerin Pia Maria Martin historische Stillleben in Bewegung. Gleichermaßen metamorphisch erscheinen auch die Fotografien von Sinje Dillenkofer, die der Ästhetik von Besteckkästen besondere Aufmerksamkeit schenkt und ihnen ein ganz eigenes Potential entlockt.

Welche Rolle spielt der gedeckte Tisch?

Wer setzt sich nicht gerne an einen schön gedeckten Tisch? Für mich spielt er eine wichtige Rolle. Zum einen habe ich einen persönlichen Bezug zu meinem Geschirr: Ein Teil ist von meiner Oma geerbt und viele Stücke habe ich mir von gespartem Geld gegönnt: Mein Geschirr von Villeroy & Boch erzählt mir ganz nebenbei auch ein Stück Heimatgeschichte. Zum anderen ist ein gedeckter Tisch für mich auch ein Stück Gastfreundschaft. Er verrät mir: hier bin ich als Gast äußerst gern willkommen. Außerdem isst das Auge auch immer mit.

Jetzt muss ich aber dringend zu Tisch!

Danke für diese gelungene und einzigartige Ausstellung!

geschrieben von: sabine, am 11.05.2022

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