Sonne, Mond und Jupiter

Sebastian Voltmer weiß noch genau, wie er als zwölfjähriger Junge begeistert durch sein Teleskop schaute.

Er beobachtete am Abend des 16. Juli 1994 wie der Komet Shoemaker-Levy 9 auf den Planeten Jupiter einschlug. Die Einschläge fanden auf der erdabgewandten Seite statt, was selbst für erfahrene Astronomen nicht unmittelbar sichtbar war. Sebastian sah sie jedoch ganz deutlich, als sie nach einer Weile am Jupiterrand auftauchten: die dunklen Löcher, die Flecken vorne am Jupiter. Sechs Monate lang konnte man diese Einschlaglöcher gut beobachten. Danach waren sie wieder verblasst. Der Planet Jupiter war wieder heil. Schließlich ist Jupiter ja kein festes Objekt, sondern ein Gasplanet. Dieses spannende Ereignis war der Auslöser für Sebastians Leidenschaft und Faszination.

Wow!

Klar habe ich schon mal durch ein Teleskop geschaut, aber so etwas Besonderes an einem Planeten habe ich noch nie beobachtet. Neben sternenklarer Nacht, Vollmondbeobachtung und Teilen der Milchstraße kann ich mich noch gut an die totale Sonnenfinsternis am 11. August 1999 im Saarland erinnern. Die partielle Phase vor und nach der Totalität konnte man mit einer speziellen Brille beobachten.

Wahrnehmung schulen

Sebastian klärt mich auf. Das Betrachten der unterschiedlichen Himmelsobjekte bedarf schon etwas Übung. Wenn wir auf der Erde etwas genauer erkennen wollen, dann gehen wir am besten näher heran. Bei Sternen und Galaxien ist dies nicht möglich. Es ist eigentlich auch nicht das gewohnte Sehen in diesem Fall, sondern eher eine Kunst des Beobachtens. Man sollte die Augen so schulen, bis man auch lichtschwache Details in galaktischen Nebeln oder Galaxien erkennen kann. Das sogenannte indirekte Sehen spielt hier eine große Rolle: Am Objekt vorbeischauen und sich auf das konzentrieren, was eher am Rand der Netzhaut liegt. In der Dunkelheit nehmen wir die Farben nicht mehr wahr, die Netzhaut schaltet das Farbsehen quasi ab, dann ist nur noch das Sehen von Kontrasten möglich.

Teleskop-Zeichnung (invertiert) vom Trapez des Großen Orion-Nebels / M42
Teleskop-Zeichnung (invertiert) vom Trapez des Großen Orion-Nebels / M42

Nie sieht man sofort alles.

Das konzentrierte Sehen und intensive Beobachten enthüllt mit der Zeit immer mehr Details, bis man schließlich das Ganze bewusst erfasst hat. Man braucht mehr Zeit als sonst - wenn man etwas beobachtet, denn die Erdatmosphäre ist ständig in Bewegung. Wärmeströmungen und Luftturbulenzen trüben das Bild. Wenn die Sterne schön blinken und funkeln, deutet das eher auf starke Turbulenzen hin, was sich bei hohen Vergrößerungen durch ein Zappeln und ständiges Deformieren der Himmelsobjekte bemerkbar macht. Und dann gibt es gelegentlich einen winzigen Moment, in dem die Luftmassen stabil sind und man sieht das entscheidende feine Detail und zunehmend das Ganze.

In seiner Facebook Gruppe "Astronomische Zeichnungen" finden sich Bilder von Sonne und Mond aber auch von galaktischen Nebeln, die knapp an der Wahrnehmung-Schwelle in der Dunkelheit gezeichnet wurden.

Klingt schwer, für Sebastian ist es leicht!

Sebastian fiel dieses spezielle Sehen noch nie sonderlich schwer. Aber er musste es schulen, wie all die anderen Himmelsbeobachter. Die beste Methode hierfür ist das Zeichnen. Er malte zunächst das, was er durchs Teleskop sah, erst ein Jahr später begann er auch mit der Fotografie. Mit 14 Jahren hatte er seine eigene Dunkelkammer, da seine Negative im üblichen Labor immer an der falschen Stelle durchgeschnitten wurden und die Abzüge flau aussahen. Danach feilte er für seine Aufnahmen bestimmte Labortechniken immer weiter aus. Ihm gelingen beispielhaft Fotos, die Monddetails in großer Deutlichkeit vor der Sonne bei einer totalen Sonnenfinsternis zeigen. Spektakuläre Fotografien!

Als Siebzehnjähriger drehte er seinen ersten Film mit dem Titel „Das Gesicht des Mondes“. Im Juli 1999 erhielt er dafür den „Filmpreis für eine besondere Vertonung“ bei dem Landshuter Offenen Wettbewerb für Filmemacher unter 24 Jahren. Seitdem beschäftigte er sich auch mit der Komposition von Filmmusik. Er spielt Klavier und ist Experte für Planeten, Raumfahrt, Sonne, Mond und Sterne. Zudem erfolgreicher Astrofotograf, Filmemacher und Autor. Darüber hinaus ist er stolzer Besitzer eines Apollo 13-Raumschiffs und Chef des Weltraum-Ateliers in Nohfelden, das auch Blinden und Gehörlosen einen barrierefreien Zugang ermöglicht. Er traf sogar Neil Armstrong, der als erster Mensch den Mond betrat. Oder auch Alexei Leonow, der als erster Mensch außerhalb einer Raumkapsel durch das All schwebte. Sebastians Vita. Donnerwetter!!

Schutz des Nachthimmels

Der Saturn ist übrigens Sebastians Lieblingsplanet - wegen seines ästhetischen Ringsystems. Der Mars jedoch zieht ihn magisch an. Der Wüstenplanet sei mit seinem Wettergeschehen, den Polkappen, Vulkanen, Canyons und Wüsten der Erde am ähnlichsten. Es gibt dort auch Eiskristallwolken und Morgentau. Kaum ein Land dieser Erde hat er noch nicht bereist. China, Australien, Neuseeland...

In Namibia, verrät er mir, hat man eine ausgezeichnete Sicht ins Weltall. Dank der geringen "Lichtverschmutzung", wie Wissenschaftler die Aufhellung des Nachthimmels durch die vom Menschen geschaffenen Lichtquellen nennen, ist dort die Milchstraße so deutlich zu sehen, dass sie auf dem Erdboden einen Schatten werfen kann.

Sebastian wünscht sich, dass Deutschland und die meisten anderen Länder mehr darauf achten, nur das zu beleuchten, was wirklich beleuchtet werden muss. Ein Großteil des Lichts geht von der eigentlichen Zielfläche weg und strahlt beispielsweise in die Schlafzimmer oder einfach nach oben in den Himmel. Dabei wird viel Energie und letztlich auch Geld verschleudert. LED-Technik kann optimal genutzt werden, wenn man sie denn richtig einsetzt. Warm-weiße LEDs, die zu den Seiten gut abgeschirmt werden, sind optimal. Kaltweißes Licht erzeugt durch seinen Blauanteil hingegen Stress bei vielen Lebewesen und sollte daher vermieden werden. Es ist wichtig, dass das Dunkel der Nacht in seiner ursprünglichen Form erhalten bleibt, auch für die Gesundheit des Menschen, der Insekten und des gesamten Ökosystems.

Ich schäme mich. Über den Schutz des Nachthimmels habe ich mir bis dato keine Gedanken gemacht. Und dann zeigt mir Sebastian seinen Film von dem Gollenstein und dem Blutmond, der mich schließlich zu Tränen rührt. Unser Nachthimmel, unser Mond und unser Gollenstein: Faszinierend!

geschrieben von: sabine, am 19.07.2018

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